Friede soll mit euch sein, Friede für alle Zeit

Jetzt erst recht – Festhalten an biblischer Hoffnung
Unfriede herrscht auf der Erde, Kriege und Streit bei den Völkern. So beginnt ein Lied, das die polnische Musik- und Psychologieprofessorin Zofia Konaszkiewicz vor über 50 Jahren getextet und komponiert hat. Kriege und Streit bei den Völkern, das war immer so weit weg. Und nun – mitten in Europa. Dieser unsinnige Krieg in der Ukraine mit so viel Leid, unvorstellbarer Brutalität. Fassungslosigkeit. Wut. Entsetzen. Ohnmacht. Angst. All das bestimmt jetzt unseren Alltag. Und wieviel mehr den Alltag derjenigen, die auf der Flucht sind, in Sorge um ihre Familienangehörigen, die eingekesselt sind, denen die Fluchtkorridore versperrt bleiben, die in Trümmern ausharren ohne Wasser, ohne Strom, die sich mutig dem Wahnsinn entgegensetzen und ihr Land und ihre Werte verteidigen.
Mit wem ich in diesen Tagen auch ins Gespräch komme, wir landen oft mit unseren Gedanken beim Krieg. Sie kommen uns beim Anblick der Bilder in den verschiedenen Medien, beim Lesen von Artikeln, beim Verfolgen von Gesprächen und Interviews im Fernsehen.
„Schrecklich“, sagt eine Dame im Altenheim. „Wie damals bei uns. Ich hätte nicht gedacht, dass mich die Erinnerungen noch einmal so einholen werden.“ Bei vielen älteren Menschen ist auf einmal wieder präsent, was sie selber einmal erlebt haben. „Lasst uns ein Zeichen setzen. Eine Stunde für den Frieden. Gemeinsam beten für den Frieden. Wir müssen doch was dagegen halten.“ Es tut gut. Diese eine Stunde für den Frieden. Quer durch die Generationen spüre ich: Ich bin mit meinem Empfinden nicht allein. „Das bringt doch nichts, für den Frieden zu beten“, meint eine Konfirmandin. „Als wenn wir durch unser Beten die Bomben aufhalten könnten.“ Nein, das können wir wohl nicht. Aber mit dem gemeinsamen Beten finden wir ein Ventil für all das Unvorstellbare, für unsere Ohnmacht, unsere Angst, unsere Sehnsucht nach Frieden. Im Beten drücken wir aus, dass wir uns an die Bilder nicht gewöhnen wollen, dass wir die Hoffnung auf Frieden und Vernunft nicht aufgeben. Im Beten bekommen wir Kraft, nicht aufzugeben, uns für den Frieden einzusetzen.
Friede soll mit euch sein, Friede für alle Zeit.
So beginnt der Refrain des Liedes von Zofia Konaszkiewicz, und er beschreibt Sehnsucht und Verheißung zugleich. Nicht so, wie ihn die Welt euch gibt, Gott selber wird es sein. Mit dem Ende des Refrains nimmt sie ein Wort aus dem Johannesevangelium auf: Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht. (Joh 14,27).
Da ist von einem ganz anderen Frieden die Rede, einem, der nicht durch Diplomatie, nicht durch Sanktionen und schon gar nicht durch den Einsatz von Waffen erreicht werden kann. Friede, der von Gott kommt. Hören wir nicht auf, um diesen Frieden zu bitten, der unsere Herzen erfüllt, der uns stark macht zum Aushalten, zum Widerstehen, zum Handeln.
Ihre Pastorin Annegret Austen
Gemeindebrief Nr. 2 - 2022 | Juni 2022 bis August 2022